Geschichte des Steinbruchs am Winnberg


Die Produktionsstätte lag unterhalb des Winnbergs, bei Sengenthal am Anger. Von dort aus wurde der Zement überwiegend an regionale Baufirmen (Max Bögl, Klebl) und in den Nürnberger Raum geliefert.

 

Der Familienbetrieb umfasste bis zu 120 Mitarbeiter und in Spitzenzeiten wurden bis zu 500.000 Tonnen Zement produziert. Im Jahre 1974 wurde der Steinbruch am Winnberg von der Heidelberger Zement AG übernommen.

 

Schon lange vor der Stilllegung des Abbaubetriebes stellte dieser Steinbruch eine in Deutschland weithin bekannte geologische Berühmtheit dar: Er zählt zu den wichtigsten Fossilfundstellen der Bundesrepublik und wird bis zum heutigen Tag von zahlreichen Fach- und Amateurgeologen aufgesucht. Die geowissenschaftliche Relevanz wurde amtlich als “sehr bedeutend” eingestuft.

 

Diese Gegebenheiten sind vor allem darin begründet, dass – unter den zahlreichen in der Alb zur Natursteingewinnung angelegten Steinabbauen – der große Steinbruch am Winnberg auch die andernorts meist von Weißjuraschutt verhüllten Schichten des Mittleren und Oberen Doggers erschließt. Vor allem die nur selten aufgeschlossenen Dogger-Delta- und Dogger-Epsilon-Schichten mit ihren typischen oolithischen Tonen, Kalksteinen und Mergeln und ihrem reichen Fossilinhalt sind hier in einzigartiger Weise zugänglich.

 

In der am tiefsten gelegenen Grube des Steinbruchs sind die obersten Partien der hellbraunen, feinkörnigen Doggersandsteine (Dogger Beta) erschlossen. Darüber folgt eine geringmächtige, harte Kalksandsteinbank mit Geröllen, die fossilen Bewuchs von Einzelkorallen und Moostierchen aufweist; sie wird dem untersten Dogger Gamma zugeordnet. Diese Kalksandsteinbank bildet weiträumig die untere Bruchsohle, so dass hier quasi der Spaziergang über einen fossilen Meeresboden möglich ist.

 

An den rund 6 m hohen Hängen über der Bruchsohle stehen im unteren Teil die Schichten des Dogger Gamma an. Diese setzen sich aus sandigen Tonen und Mergeln mit noch geringem Fossilinhalt wie Muscheln und Seelilienresten zusammen. Darüber folgen die oolithischen Tone, Mergel und Mergelkalke des Dogger Delta und Epsilon. Diese durch eine Vielzahl von kleinen Brauneisenkügelchen charakterisierten Schichten wurden im flachen, bewegten Meerwasser abgelagert und stellen heute die fossilreichsten Sedimente des Winnberger Steinbruches dar. Insbesondere die ungewöhnlich reichhaltige Fossilführung der ziegelroten Parkinsonienschichten und die teilweise hervorragende Erhaltung der Versteinerungen weckten bald das Interesse zahlreicher Privatsammler und Fachgeologen. Berühmt sind die bis 75 cm langen Rostren des Riesenbelemniten Megateuthis und vor allem die zahlreichen Ammoniten, welche in hervorragender Qualität bis heute erhalten geblieben sind.

 

Bei vielen der Ammoniten sind nach deren Tod die inneren Kammern nicht mit Schlamm verfüllt worden, sondern später mit Kalzit-Kristallen ausgekleidet worden, so dass sie sich heute auch für Nichtgeologen als sehr attraktive Sammlungsobjekte erweisen.

 

Über den oolithischen Sedimenten folgt der Ornatenton des Dogger Zeta: Diese rund 5 m mächtigen, dunkelgrauen, fetten Tone und sandigen Mergel wurden am Meeresgrund unter sauerstoffarmen, lebensfeindlichen Bedingungen abgelagert. In den oberen Teilen des damaligen Meeres herrschten aber offenbar lebensfreundliche Bedingungen vor, vergleichbar den Verhältnissen im heutigen Schwarzen Meer. So treten in diesen eintönigen Tonabfolgen meist nur wenige, oft deformierte Fossilen auf. Die Funde der Überreste eines Meereskrokodils sowie der Schnauzenspitze eines Plesiosauriers weisen aber auf die günstigen Lebensumstände in den oberen Wasserschichten des Ornatenton-Meeres hin.

 

Über den dunklen Tonschichten setzen unvermittelt die hellen Kalksedimente des Malm ein. Der Malm Alpha besteht aus glaukonitischen, hellgrauen bis graugelben Kalk- und Mergelbänkchen. An der Basis tritt eine markante Sedimentlage mit zahllosen Ammoniten- und Belemniten-Bruchstücken auf. Über diesen unteren Malm-Alpha-Schichten breitet sich die obere Abbausohle des Winnberger Steinbruches aus.

 

Die bis 25 m hohen, aus hellen Kalken und Mergeln aufgebauten Steinbruchwände werden von den oberen Malm-Alpha- und Malm-Beta-Sedimenten gebildet. Neben den Bankkalken breiten sich große, weitgespannte Schwammstotzen und -riffe aus.

 

Im Steinbruch am Winnberg ist die Schichtenabfolge von den sandig-tonigen Meeresablagerungen des Doggerzeitalters hin zu den hellen Kalken und Mergeln des Malm mit ihrer Flora und Fauna lückenlos und in einzigartiger Weise aufgeschlossen. Die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie sowie die Institute für Geologie und Paläontologie der Universität Erlangen führten umfangreiche Grabungen zur detaillierten Untersuchung der einzelnen Horizonte durch. Zwischenzeitlich liegen über 30 wissenschaftliche Publikationen vor, welche die verschiedenen Aspekte der fossilen Lebensgemeinschaften behandeln und die großen Veränderungen der Land-/Meer-Verteilung in der Jurazeit sichtbar und begreifbar machen.